Darum können Bots die Digitale Transformation beschleunigen

Bild: Joseph Barrientos, Stocksnap.io

Geht es nach Microsoft, dann sind Bots die neuen Apps. Mit dem auf der diesjährigen Build-Konferenz vorgestellten Bot Framework soll deren Entwicklung, ihre Integration in Anwendungen und ihre Anbindung an verschiedenste Kommunikationskanäle besonders einfach gelingen. Mit dem Bot Framework könnte Microsoft sogar eine weitere Teillösung für die Digitale Transformation liefern.

Bots are the new apps

Immer häufiger sind auf Webseiten und in Apps sogenannte Bots anzutreffen. In Chat-Umgebungen wie Slack lauschen sie immerwährend dem Gesprächsverlauf, um den Anwendern im richtigen Moment helfend zur Seite zu stehen. In anderen Fällen harren sie darauf, direkt vom Anwender angesprochen zu werden, um dann eine Antwort auf eine Frage zu liefern oder eine Aufgabe zu lösen. Ihre Fähigkeiten, ihr Verständnis und ihre Reaktionsfreude variieren. Mal können Sie einen Anwender lediglich zu einem festgelegten Zeitpunkt an etwas erinnern, mal geben sie aktuelle Informationen zum Wetter für einen bestimmten Ort und Zeitpunkt aus, mal bestellen sie ein Taxi oder buchen gar eine komplette Reise.

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Gemein ist den Bots, dass sie weitestgehend auf natürliche Sprache reagieren. Anwender müssen sich also nicht mehr mit einer Bedienoberfläche, einer tief verschachtelten Navigation und unter Umständen zig Dialogfeldern auseinandersetzen. Sie schildern dem Bot stattdessen einfach ihr Anliegen.

Das von Microsoft während der Build 2016 gezeigte Beispiel eines Pizzalieferdienstes verdeutlichte die Funktion sehr gut: Im Beispiel surfte der Anwender die Webseite des Lieferdienstes an und richtete an den Bot die Aufforderung, eine Pizza Salami nach Hause zu liefern. Da der Anwender bereits bekannt war, konnte der Bot die Bestellung direkt abschließen. Normalerweise hätte die Bestellprozedur einen Wechsel in das Shopsystem, die Suche nach der Pizza Salami, die Ablage im Warenkorb und die Eingabe der Lieferadresse vorgesehen.

Dialog statt Monolog

Nun mag ein Bot eher wie eine fortgeschrittene Suchfunktion erscheinen. Es gibt allerdings eklatante Unterschiede. Suchfunktionen sind Monologe. Der Anwender gibt einen Suchbegriff ein und erhält daraufhin ein Ergebnis geliefert. Entspricht dieses nicht dem Gesuchten, muss der Anwender die Anfrage so lange verändern, Operatoren hinzufügen, Einschränkungen vornehmen und sich durch Ergebnislisten wühlen, bis er ans Ziel gelangt ist. Die Qualität der Suchergebnisse hängt am Ende davon ab, welche Schlagwörter im Inhalt vorkommen, wie gut der Index strukturiert ist, wie engmaschig und fehlertolerant der Suchalgorithmus vorgeht, welche Suchbegriffe der Anwender genutzt hat und wie viel Zeit er für die Auswertung aufbringen möchte.

Dialog statt Monolog: Unter anderem am Beispiel eines Pizzalieferdienstes stellte Microsoft den Nutzen eines Bots dar (Bild: Microsoft Bot Framework Webseite)

Dialog statt Monolog: Unter anderem am Beispiel eines Pizzalieferdienstes stellte Microsoft den Nutzen eines Bots dar (Bild: Microsoft Bot Framework Webseite)

Bots erlauben hingegen einen Dialog und sind obendrein in der Lage, ganz unterschiedliche Prozesse anzustoßen. Sie nehmen die vom Anwender geäußerten Anweisungen nicht einfach nur entgegen; ihnen sind auch Rückfragen und dadurch Verfeinerungen möglich. Hat sich der Anwender also nicht eindeutig ausgedrückt, kann der Bot nachhaken und die missverständliche Information konkretisieren. So nimmt der Bot den Anwender im Idealfall ganz behutsam an die Hand und führt ihn zum Ziel. Anstatt viele Antworten zu präsentieren, sind Bots lösungsorientiert. Suchmaschinen lassen den Anwender hingegen auf halber Strecke allein.

Bots als Element der Digitalen Transformation

Warum Bots ein Element der Digitalen Transformation sein können? Aus zwei Gründen.

Einerseits geht es bei der Digitalen Transformation um Kundenkontakt. So erfordern soziale Netzwerke und Apps – ihrerseits Treiber der Digitalen Transformation – einen direkten Dialog mit den Anwendern. Diese Dialoge können reine Feedbackgespräche sein, Problemmeldungen, Detailfragen zu den angebotenen Leistungen, Bestellabwicklungen, Inanspruchnahme von Zusatzdiensten und vieles, vieles mehr. Je schneller die Reaktion und je besser die Beantwortung erfolgt, desto eher lässt sich der Anwender respektive Kunde an das Unternehmen binden. Diese direkte und schnelle Interaktion setzt entweder die entsprechende Anzahl an Mitarbeitern voraus – oder wird durch Bots teilautomatisiert. Hier greift das Beispiel des Pizzalieferdienstes: Anstelle des Mitarbeiters am Telefon nimmt ein Bot die Bestellung über die Webseite entgegen. Automatisiert, aber dennoch assistiert.

Bots stützen die Transformation, denn sie setzen digitalisierte Prozesse voraus. Klick um zu Tweeten

Andererseits sind für den Einsatz von Bots digitale Prozesse unumgänglich. Das zwingt Unternehmen, ihre internen und externen Prozesse zu konsolidieren und zu digitalisieren, damit sie von Bots ausgelöst werden können. Und es reicht, erst einmal kleine Digitalisierungsschritte zu wagen. Schlussendlich sind Bots auch ein Mittel, um die Zugänglichkeit zu verbessern. Sind der Großteil der Webseiten und Apps darauf ausgelegt, von sehenden Menschen bedient zu werden, könnten mittels Bots auch Menschen mit Behinderungen schneller ans Ziel geführt werden. Sie bräuchten dazu noch nicht mal besondere Tools.

Dabei sind Bots nicht auf Kundenkontakt beschränkt. Auch unternehmensintern sind sie in der Lage, hilfreiche Dienste zu leisten, etwa um Urlaubsmeldungen weiterzureichen, Besprechungen anzusetzen, Hilfestellungen bei Problemen mit der Unternehmens-IT zu leisten oder ein Fahrzeug aus dem Fuhrpark oder einen Konferenzraum zu reservieren. Die Liste die Einsatzmöglichkeiten ließe sich beliebig erweitern.

Integration und Anbindung

Die grundlegende Programmierung eines eigenen Bots wäre vor allem für kleine Unternehmen kaum zu bewältigen. Denn es müssen nicht nur Sätze anhand sprachlicher Muster analysiert und die einzelnen Bestandteile interpretiert werden. Es gilt auch unterschiedliche Ausdrucksweisen, Dialekte, Umgangssprache sowie fehlerhafte Rechtschreibung und missachtete Grammatik zu tolerieren. Allein die vielen unterschiedlichen Sprachvarianten, die beim Einreichen eines Urlaubsantrags anfallen, sind ohne intelligentes Framework kaum zu handhaben. Das Microsoft Bot Framework nimmt hier bereits die Basisarbeit ab. Es geht also nur noch darum, die Befehle und Dialogfolgen zu definieren.

Einmal mit Fragen und Prozessen ausgestattet, eröffnet ein Bot zudem noch viele weitere Möglichkeiten. Der Bot Connector soll etwa die Anbindung an soziale Netzwerke, an Skype, an Slack, an E-Mail, an SMS und weitere Kanäle herstellen. Damit wäre der Bot also nicht auf die eigene Webseite, das Intranet oder eine App beschränkt. Auf lange Sicht ist sogar eine Integration in Sprachassistenten wie Siri unter iOS, Google Now unter Android oder Cortana auf der Windows 10-Plattform denkbar. Dann heißt es vielleicht irgendwann nur noch: „Hey Siri, reiche bitte Urlaub vom 22. bis 30. Dezember ein!“. Siri leitet die Aufgabe an den Bot weiter, der dann die individuellen Unternehmensprozesse auslöst.

Sieger und Verlierer treten deutlicher hervor

Alles, was digital werden kann, wird digital. So hat es Karl-Heinz Land, Digital Darwinist und Evangelist der Unternehmensberatung Neuland, treffend zusammengefasst. Die Technologie dazu ist verfügbar, die Gesellschaft bereits stark davon durchdrungen. Jetzt müssen die Unternehmen nachziehen, schließlich wird der Wandel Sieger noch stärker von den Verlierern separieren. CIOs, CTOs und in mehr und mehr Firmen auch der Chief Digital Officer sind gefragt, diesen digitalen Wandel zu steuern und visionär voranzugehen. Und sie müssen sich vorbereiten; auf branchenfremde Konkurrenten, die mit innovativen Ideen in neue Märkte eindringen. Die Digitalisierung mischt die Karten neu.